Der Klimawandel und die Ruhrverbandstalsperren

Reicht die Kapazität der Ruhrtalsperren aus, um die Menschen im Ruhrgebiet und Sauerland auch in Zukunft mit Wasser zu versorgen?

Bereits im Jahr 2007 wurden Auswirkungen möglicher Klimaänderungen auf die Bewirtschaftung der Talsperren im Einzugsgebiet der Ruhr untersucht. Die Analyse stützte sich auf zwei regionale Klimamodelle. Inzwischen liegen neue Erkenntnisse und weitere Modelle zum Klimawandel vor. Und auch die Auswirkungen des Klimawandels sind im Einzugsgebiet der Ruhr inzwischen spürbar. Daher wurde der Einfluss des Klimawandels auf die Wasserversorgung durch die Ruhrverbandstalsperren erneut untersucht.

Es wurden fünf verschiedene Klimaszenarien bis zum Jahr 2100 auf das Talsperrenverbundsystem des Ruhrverbands modelltechnisch angewendet. In der Untersuchung wird deutlich, dass die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben im Ruhrverbandsgesetz (RuhrVG) aus dem Jahr 1990 bereits in naher Zukunft zu einem Versagen der Wasserversorgung von ca. 4,6 Mio. Menschen führen können. Zur Reduzierung der Versagenswahrscheinlichkeit ist es notwendig, den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabfluss in der Ruhr dauerhaft zu reduzieren und das Ruhrverbandsgesetz zu ändern. Mit einer Reduzierung des Mindestabflusses im fünf Tage übergreifenden Mittel von 8,4 m³/s auf 5,4 m³/s am Pegel Villigst/Ruhr und von 15 m³/s auf 12 m³/s vom Pegel Hattingen/Ruhr bis zur Ruhrmündung kann die Klimaresilienz des Talsperrenverbundsystems in Trockenzeiten erhöht werden. Auswirkungsanalysen auf chemisch-physikalische Parameter, den chemischen sowie ökologischen Zustand und auf die Betroffenheit von FFH-Gebieten zeigen, dass ein reduzierter Mindestabfluss mit der Oberflächengewässerverordnung, der EU-Wasserrahmenrichtlinie und dem Wasserhaushaltsgesetz vereinbar ist. Nur in einem von sechs betroffenen FFH-Gebieten kann eine Beeinträchtigung von Unterwasservegetation sowie der Fischarten Groppe und Bachneunauge durch einen reduzierten Mindestabfluss nicht vollständig ausgeschlossen werden, sodass sich der Ruhrverband dort verstärkt für eine Verbesserung der Durchgängigkeit einsetzen wird. Ein Gesetzgebungsverfahren steht derzeit noch aus.

Darüber hinaus befinden sich die Bewirtschaftungspläne verschiedener Trinkwassertalsperren des Ruhrverbands in Überarbeitung, um Eingriffsschwellen anhand der Jahreszeit und des Stauinhalts auf die Erkenntnisse der vergangenen Jahre anzupassen.

Doch neben dauerhaften und ständigen Anpassungen in der Bewirtschaftung von Talsperren zur Erhöhung der Klimaresilienz ist die Detektion von außergewöhnlichen Trockenphasen mit Einfluss auf die Wassermengenwirtschaft weiterhin ein notweniger Bestandteil einer dem sich änderndem Klima angepassten Talsperrensteuerung. Dazu wurde ein Managementplan entwickelt, der in Abhängigkeit des Standardized Precipitation Indexes (SPI) als Maßstab zur Identifikation von Niederschlagsdefiziten, der Stauinhaltsgradienten und der Stauinhalte der Talsperren sowie der Bodenfeuchte verschiedene Managementphasen einläutet und verschiedene Handlungsempfehlungen zur Wassermengenbewirtschaftung ausspricht. Diese werden situativ unter Abwägung aller bekannten Randbedingungen vom Ruhrverband und von seinen Aufsichtsbehörden bewertet.

Das Handeln der Bevölkerung wird auch die Ausprägung des Klimawandels beeinflussen. In Zukunft sind nicht nur weitere Verbesserungen bei der Erstellung von Klimamodellen zu erwarten, sondern es werden stetig neue Erkenntnisse zu Auswirkungen des Klimawandels generiert. Um möglichen Auswirkungen des Klimawandels rechtzeitig zu begegnen, wird der Ruhrverband auch weiterhin Optimierungsstrategien für die Bewirtschaftung seiner Talsperren erarbeiten – auch im Hinblick auf die Hochwasserschutzwirkung der Talsperren.