Von 1960 bis heute: Wasserqualität so gut wie nie zuvor

Weltwassertag 2017 steht unter dem Motto „Wastewater – Abwasser“

In den 60er-Jahren häufig zu beobachten: Schaumberge auf der Ruhr und ihren Nebengewässern, wie hier am Baarbach bei Iserlohn.

Hochmoderne Kläranlagen wie diese hier in Bochum-Ölbachtal sorgen dafür, dass die Wasserqualität heute so gut ist, dass erstmals seit 40 Jahren wieder in der Ruhr gebadet werden darf.

In diesem Jahr darf in der Ruhr erstmals nach 40 Jahren wieder gebadet werden. Aber es war ein langer, steiniger und kostenintensiver Weg bis die Reinigung kommunaler und industrieller Abwässer den heutigen Stand erreicht hat.

Ein Rückblick: Die 1960er- und 1970er-Jahre im Ruhreinzugsgebiet waren geprägt durch dramatische Herausforderungen in Bezug auf die Wassergüte der Ruhrregion: Der vermehrte Einsatz von Waschmaschinen und tensidhaltigen Waschmitteln sorgte in den Sixties für bizarre Bilder: Meterhohe Schaumberge waren auf der Ruhr und ihren Nebenflüssen zu erkennen. Später sorgten unerwünschte Nährstoffanreicherungen aus Abwässern sowie der massive Einsatz an Düngemitteln in der Landwirtschaft für erhöhtes Algenwachstum in den Seen und Flüssen. Die Folge war, dass die Wasserqualität weiterhin schlecht blieb.

Aus diesem Grund startete der Ruhrverband 1972 ein umfangreiches und kostenintensives Programm zum Ausbau seiner Kläranlagen im gesamten Ruhreinzugsgebiet. Kläranlagen reinigten das Abwasser nicht mehr nur rein mechanisch, sondern auch biologisch und chemisch. Zudem entstanden moderne Anlagen zur Klärschlammentwässerung und -verbrennung. Zwischen 1972 und 1980 nahm der Ruhrverband 260 Millionen Mark in die Hand und erbaute 25 neue biologische Kläranlagen. Hinzu kamen weitere mechanische und chemische Anlagen. 1973 wurde der Ruhrgütebericht ins Leben gerufen, um den Zustand des Gewässers jährlich zu dokumentieren.

Mittlerweile waren knapp 90 Prozent der Bevölkerung an das Kläranlagensystem angeschlossen. Die Wasserqualität wurde dadurch deutlich verbessert. Hinzu kamen neue Reinigungsmethoden. Sogenannte Schönungsteiche ergänzten die Anlagen – Ihre Feinreinigung optimierte den biologischen Abbau organischer Stoffe. In den 90er-Jahren wurden die Anlagen abermals modernisiert, um die Gesetzesvorgaben zur Stickstoff- und Phosphorelimination erfüllen zu können. Rund 1,6 Milliarden Euro investierte der Ruhrverband bis 2005 in diese Maßnahmen. Zudem wurden annähernd 400 Niederschlagswasserbehandlungsanlagen neu errichtet. Seit den 2000er-Jahren stehen Effizienzverbesserungen und betriebliche Optimierungen im Fokus des Ruhrverbands. Mittlerweile betreibt der Ruhrverband auf seinen Kläranlagen 49 Blockheizkraftwerke sowie elf Photovoltaikanlagen und nutzt zudem Strom aus Wasserkraft.

Die Kläranlagen werden nicht nur immer energieeffizienter, sondern sorgen auch für eine ständig verbesserte Qualität des Ruhrwassers. Die Nährstoffgehalte in der Ruhr sind seit dem Höhepunkt der Verschmutzung in den 1970er Jahren so stark zurückgegangen, dass die Ruhr nach den Maßstäben der deutschen Oberflächengewässerverordnung für Phosphor und Ammoniumstickstoff mittlerweile einen „guten“ Zustand aufweist. Sowohl bei diesen beiden Parametern als auch bei der organischen Restverschmutzung liegen die Ablaufkonzentrationen der Ruhrverbandskläranlagen unter dem bundesdeutschen Mittelwert.

Auch die in den 90er-Jahren noch übliche Belüftung des Ruhrwassers am Wehr Baldeney in Essen ist seit einigen Jahren nicht mehr erforderlich. Dank dieser Entwicklung und der damit einhergehenden deutlichen Verbesserung der hygienischen Bedingungen des Ruhrwassers darf in diesem Jahr erstmals seit über 40 Jahren wieder eine Badestelle im Baldeneysee eingerichtet werden. Sie ist dann die erste rechtskonforme Flussbadestelle in einer deutschen Großstadt.

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