Vertiefte Überprüfung der Ennepetalsperre

Bei der in den Jahren von 1997 bis 2002 sanierten Ennepetalsperre bestand seitens der Bezirksregierung die Auflage, den Erfolg der Sanierung durch eine so genannte Vertiefte Überprüfung 10 Jahre nach Sanierungsende zu dokumentieren. Diese Vertiefte Überprüfung fand in den Jahren 2013 bis 2015 statt. Im Rahmen der Vertieften Überprüfung wurden alle für die Bauwerkssicherheit wichtigen Aspekte wie Hochwasserannahmen, geologische Verhältnisse im Untergrund und Materialkennwerte der Staumauer neu bewertet. Des Weiteren wurde eine vertiefte Analyse der Messdaten vorgenommen, um mögliche Veränderungen im Bauwerksverhalten identifizieren zu können. Die Ergebnisse dieser Voruntersuchungen wurden anschließend in den neu erstellten Standsicherheitsnachweisen berücksichtigt, eine ausreichende Bauwerkssicherheit konnte somit dokumentiert werden.

Die Notwendigkeit einer Vertieften Überprüfung ergibt sich aus dem Landeswassergesetz und ist vergleichbar mit der regelmäßigen TÜV-Kontrolle eines PKWs. Jedoch ist ein wesentlich höherer, im Folgenden erläuterter Aufwand zu betreiben.

Die Sicherheit von Absperrbauwerken großer Talsperren wie der Ennepetalsperre ist für Hochwasserereignisse nachzuweisen, die nur alle 1.000 bzw. 10.000 Jahre erwartet werden. Weil die Aufzeichnungen über bekannte Hochwasserereignisse nicht so weit in die Vergangenheit reichen, sind die Hochwasserabflüsse bei diesen Jährlichkeiten nur anhand der vorhandenen Zeitreihen mit statistischen Methoden zu bestimmen. Hierbei werden zunächst die extremen Niederschläge ermittelt und daraus über ein so genanntes Niederschlags-/Abfluss-Modell die resultierenden Hochwassermengen berechnet. Ein diesbezügliches Gutachten wurde für den Ruhrverband durch das KIT Karlsruher Institut für Technologie erbracht.

Im Rahmen der Sanierung war die geologische Situation der Ennepestaumauer bereits umfassend untersucht worden. Insbesondere durch das Auffahren eines Kontroll- und Drainagestollens, der zum größten Teil im Fels unterhalb der Staumauer verläuft, konnten wertvolle Informationen über den Untergrund gewonnen werden. Weitere Erkenntnisse ergaben sich aus der umfangreichen Messausstattung, mit der die Ennepetalsperre nach ihrer Sanierung bestückt wurde. Gemessen werden an der Ennepetalsperre unter anderem Verformungen, Sickerwassermengen und Porenwasserdrücke. Anhand der nun seit mehr als zehn Jahren vorliegenden Messwerte konnte das Verhalten der Staumauer genauestens nachvollzogen werden. So verschiebt sich die Staumauerkrone in Talmitte bei einer Stauspiegelerhöhung um zehn Meter etwa acht Millimeter zur Luftseite. Bei einer Temperaturerhöhung um zehn Grad tritt hingegen eine Verschiebung zur Wasserseite von etwa acht Millimeter ein. Bei einer darauffolgenden Stauabsenkung um zehn Meter bzw. Temperaturerniedrigung um zehn Grad bilden sich die genannten Verschiebungen wieder vollständig zurück.

Die mit diesen Erkenntnissen neu erstellten Standsicherheitsnachweise wurden mit Hilfe der so genannten Finite-Elemente-Methode geführt. Dieses computerbasierte Rechenverfahren kann zur Lösung vieler physikalischer Problemstellungen eingesetzt werden, beispielsweise in der Automobilentwicklung zur Reduzierung aufwändiger Crashtests oder bei der Wettervorhersage. Bei der Berechnung einer Gewichtsstaumauer wie an der Ennepetalsperre wird im Computer ein 2D-Modell aus kleinen Viereckelementen erstellt. An den Modellknoten, die sich aus den Ecken der Vierecke ergeben, können dann mit Hilfe des Computers der Wärmefluss und die Sickerströmung berechnet werden. Beides sind Eingangsgrößen der eigentlichen statischen Berechnung, die ebenfalls am gleichen Modell vorgenommen wird. Die durch den Ruhrverband erstellten Berechnungen haben die einwandfreie Standsicherheit der Ennepestaumauer ergeben.