Innovatives Nereda®-Verfahren auf der Kläranlage Altena

Der Ruhrverband hat im November 2019 mit dem Umbau der Kläranlage Altena begonnen. Im Rahmen einer Variantenuntersuchung für die Ertüchtigung der sanierungsbedürftigen Anlage stellte sich der Einsatz des innovativen Nereda®-Verfahrens als beste Lösung für eine auf lange Sicht wirtschaftliche, ressourceneffiziente und betriebssichere Reinigung der Abwässer des Einzugsgebiets dar.

Mit der großtechnischen Umsetzung des Nereda®-Verfahrens betritt der Ruhrverband Neuland, denn das in den Niederlanden entwickelte und patentierte Verfahren findet zwar bereits weltweit auf über 20 kommunalen Kläranlagen Anwendung, wird jedoch in Altena erstmals in Deutschland in die Praxis umgesetzt. Die neue Anlage wird die vorhandene Belebtschlammanlage ersetzen.

So funktioniert das neue Verfahren

Im Unterschied zu konventionellen Verfahren der biologischen Abwasserreinigung schließen sich die beteiligten Mikroorganismen beim Nereda®-Verfahren in kompakten, kugelförmigen Granulen zusammen, statt die sonst übliche Flockenstruktur zu bilden. Dadurch können alle biologischen Reinigungsprozesse (weitergehende Nährstoffelimination) gleichzeitig in einem Reaktor ablaufen und es wird deutlich weniger Zeit benötigt, um den Schlamm vom gereinigten Abwasser abzutrennen. Der Prozess läuft in sogenannten Sequencing-Batch-Reaktoren ab und kommt ohne Nachklärbecken und ohne bewegliche Einbauten aus.

Trotz der eingeschränkten Platzverhältnisse auf dem Gelände kann daher die Neuanlage neben dem Bestand errichtet und der Kläranlagenbetrieb bis zur Fertigstellung der neuen biologischen Stufe weitestgehend ungestört fortgesetzt werden. Eine softwarebasierte Prozesssteuerung in Kombination mit moderner Mess- und Regeltechnik, Online-Überwachung und Fernzugriff ist Bestandteil des Verfahrens und wird in Zukunft den Betrieb der Anlage als sog. „Satellitenanlage“ ohne Stammpersonal unterstützen.

Vergleichmäßigung der Wassermengen

Die drei Reaktoren der Nereda®-Anlage werden zukünftig abhängig von der Zulaufwassermenge zeitlich versetzt aus einem zum Speicherbecken umgebauten Vorklärbecken beschickt. Das bisherige Nachklärbecken wird ebenfalls zu einem Speicherbecken umgebaut, um eine Vergleichmäßigung der in die Lenne eingeleiteten Wassermengen zu erreichen. Der anfallende Überschussschlamm wird vor Ort eingedickt und zur anaeroben Stabilisierung auf eine benachbarte Kläranlage transportiert.

Mit dem neuen Verfahren soll eine weitestgehend biologische Phosphorelemination erfolgen. So kann im Vergleich zum Ist-Zustand eine Einsparung von Fällmitteln für die chemische Phosphatfällung um voraussichtlich etwa 75 Prozent realisiert werden. Der Ruhrverband erwartet sich von der neuen Technologie eine deutliche Verbesserung der Ablaufwerte. Zusätzlich soll im Vergleich zum Ist-Zustand mit dem Nereda®-Verfahren eine Verringerung des Energiebedarfs der Kläranlage Altena um mindestens 30 Prozent realisiert werden.

Demonstrationsbetrieb ab 2022

Der beauftragte Impfschlamm ist bis Anfang der 33. KW geliefert und in die Nereda-Becken eingebracht worden. Anschließend erfolgte die erste Beschickung der Nereda-Becken mit Abwasser und damit der Beginn der Inbetriebnahmephase. Eine Beschickung der Nereda-Becken im Vollstrom ist bisher noch nicht möglich und soll, abhängig von verschiedenen Arbeiten, sukzessive bis zur Maximalmenge gesteigert werden. Der Beginn der Einfahrphase ist für Ende Oktober 2022 geplant. Anschließend beginnt der Leistungsnachweis, bestehend aus einer (mindestens) 60-tägigen Leistungsfahrt. Nach Bestehen des Leistungsnachweises startet der 2-jährige Versuchsbetrieb. Dabei besteht eine Herausforderung darin, dass während der geplanten zweijährigen Erprobungsphase jederzeit auf das konventionelle Behandlungsverfahren zurückgegriffen werden kann.

Baufortschritt

Deshalb wurde etwa zunächst nur einer der beiden Faulbehälter abgebrochen und an seiner Stelle das EMSR-Gebäude samt Mittel- und Niederspannungshauptverteilung sowie Trafostation errichtet. Zur Erhöhung der elektrischen Versorgungssicherheit wurde die Trafostation mit neuen 10 kV-Kabeln und unter Nutzung der vorhandenen Rohrleitungsbrücke in eine Ringleitung auf der anderen Seite der Lenne eingebunden. Auch das Maschinenhaus 1 mit den Versorgungseinrichtungen für die Rechen und den belüfteten Sandfang gehörte zu diesem Bauabschnitt. Parallel dazu wurden die drei Schneckenpumpen des Zulaufhebewerks, die beiden Rechenanlagen und der Sandfangräumer erneuert und in Betrieb genommen. Kernstück der Nereda-Anlage ist das neue Belebungsbecken, das aus drei baugleichen Kammern mit je 1.700 Kubikmetern Inhalt und integriertem Maschinenhaus 2 besteht. Der Betonbau ist abgeschlossen und die maschinentechnische Ausrüstung der NEREDA-Anlage und der erforderlichen Peripherie ist weitestgehend fertiggestellt. Nach Aufteilung des Vorklärbeckens in ein Vordenitrifikations- und ein Ausgleichsbecken werden diese mit den erforderlichen Aggregaten versehen. Zudem werden neue Anlagen für die maschinelle Schlammeindickung und die Phosphatfällung errichtet. Die ebenfalls erforderliche Erneuerung der elektrischen Versorgungssystems und die Vorbereitung der zukünftigen Datenanbindung und -verarbeitung laufen parallel und werden bis zur Einfahrphase weitestgehend abgeschlossen sein. Das Vorhaben wird mit Mitteln in Höhe von 1.409.699,00 EUR aus dem Umweltinnovationsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert.