Ruhreinzugsgebiet erlebt siebtes zu trockenes Abflussjahr in Folge

Ruhrverband kann Wasserversorgung trotz erhöhter Zuschusspflicht uneingeschränkt sichern

Der Ruhrverband zieht Bilanz für das Abflussjahr 2015, das am 31. Oktober 2015 zu Ende gegangen ist. Um 121 Millimeter bzw. 11 Prozent lag die Jahressumme des Gebietsniederschlags im Einzugsgebiet der Ruhr unter dem langjährigen Mittelwert der Zeitreihe von 1927 bis 2014. Damit war 2015 das siebte zu trockene Abflussjahr in Folge. Im Winterhalbjahr fiel 13 Prozent und im Sommerhalbjahr 10 Prozent weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel.

Aufgrund der unterdurchschnittlichen Niederschläge musste das Talsperrensystem des Ruhrverbands an mehr Tagen als im Langzeitvergleich üblich Wasser „zuschießen“, um den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabfluss in der mittleren Ruhr aufrechtzuerhalten und so die überregionale Wasserversorgung zu sichern. Die so genannte Zuschusspflicht am Pegel Villigst lag nach vorläufigen Berechnungen bei 116 Tagen und damit um etwa 10 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2014. Im Juni bestand an 29 von 30 Tagen Zuschusspflicht am Pegel Villigst; das hatte es seit Inkrafttreten des Ruhrverbandsgesetzes im Jahr 1990 bisher nur zweimal (1993 und 1996) gegeben. An der Mündung der Ruhr in den Rhein wurde mit 23 Tagen Zuschusspflicht sogar der höchste Juniwert seit 1990 registriert.

Das Talsperrensystem des Ruhrverbands konnte diese wasserwirtschaftliche Aufgabe dank entsprechender Steuerung uneingeschränkt meistern, obwohl die Biggetalsperre für die Sanierung der Oberflächendichtung um insgesamt 15 Meter abgesenkt wurde. Der Gesamtstauinhalt aller Talsperren betrug am 1. November 2014, also zu Beginn des Abflussjahres, 391 Millionen Kubikmeter (entspricht 83 Prozent vom Vollstau) und lag damit um 17 Prozent über dem langjährigen Mittel. Am 4. April wurde mit 422 Millionen Kubikmetern (89 Prozent vom Vollstau) der höchste, am 16. August mit 300 Millionen Kubikmetern (64 Prozent vom Vollstau) der niedrigste Stand des Abflussjahres erreicht. Zum Ende des Abflussjahres 2015 lag der Gesamtstauinhalt bei 314 Millionen Kubikmetern (66 Prozent vom Vollstau) und damit um 6 Prozent unter dem langjährigen Mittel.

Auf die Erzeugung umweltfreundlicher Energie aus Wasserkraft wirkt sich die mittlerweile seit 2009 andauernde Folge von zu trockenen Abflussjahren negativ aus. Da die erzeugte Strommenge in einem Wasserkraftwerk in direkter Abhängigkeit vom Durchfluss durch die Turbinen steht, konnte die Ruhrverbands-Tochtergesellschaft Lister- und Lennekraftwerke GmbH (LLK), die 15 Wasserkraftwerke im Ruhreinzugsgebiet betreibt, um fast ein Drittel weniger „sauberen“ Strom produzieren als im langjährigen Mittel. Die LLK verzeichnet dadurch Mindereinnahmen von im Mittel rund 1,4 Millionen Euro pro Jahr im Vergleich zu Jahren mit durchschnittlichen Niederschlägen.

Lediglich drei kleinere Hochwasserereignisse (im Dezember 2014, im Januar 2015 und im April 2015) verzeichneten die Fachleute vom Ruhrverband im abgelaufenen Abflussjahr. Dabei wurde nur ein einziges Mal die Hochwassermeldegrenze an der unteren Ruhr für wenige Stunden überschritten, und das auch lediglich um geringfügige 2 Prozent. Der höchste Abfluss am Pegel Hattingen wurde mit 337 Kubikmetern pro Sekunde am 11. Januar um 15.14 Uhr registriert.

Abflussjahre, auch hydrologische Jahre oder Wasserwirtschaftsjahre genannt, weichen von den Kalenderjahren ab, damit in der Jahresbilanz auch Niederschläge in Form von Schnee und Eis, die bereits im Frühwinter fallen, erfasst werden können. Sie werden nämlich erst im folgenden Kalenderjahr als Schmelzwasser abflusswirksam. In Deutschland legt eine entsprechende DIN-Norm das Abflussjahr jeweils vom 1. November bis zum 31. Oktober fest, weil die Wasserreserven Ende Oktober erfahrungsgemäß am geringsten sind.

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